Vorwärts zu einer wirklich linken Konferenz gegen die kapitalistische Lockdown-Politik!
Bericht über den Bruch mit der Gruppe „Freie Linke“ wegen ihres Wunsches nach Zusammenarbeit mit rechten und rechtsoffenen Kräften
Von Almedina Gunic, Revolutionär-Kommunistische Internationale Tendenz (RCIT), 05.03.2021, www.thecommunists.net // www.diekommunisten.net // www.rkob.net
Ende Jänner 2021 wurde die Revolutionär-Kommunistische Internationale Tendenz (RCIT) von einem Vertreter der sogenannten „Freien Linken“ (FL) kontaktiert. Die FL war zum damaligen Zeitpunkt eine noch recht unbekannte neue Initiative, die sich im Oktober 2020 zu formieren begann und als Grundlage sowohl die Ablehnung der undemokratischen Lockdown-Politik wie auch eine anti-kapitalistische Orientierung als Profil angab. Dies widerspiegelte sich nicht nur in den Kommunikationen zwischen RCIT und der FL, sondern auch auf der Website der Freien Linken.
Die Vertreter der Freien Linken mit denen wir als RCIT in Gespräche traten, versicherten ein breites Kollektiv verschiedenster linker Aktivistinnen und Aktivisten zu sein – sowohl aus links-sozialdemokratischer, anarcho-kommunistischer, „trotzkistischer“ Tradition als auch mit zahlreichen pazifistisch orientierten Genossinnen und Genossen. Nach anfänglich guten Gesprächen, die tatsächlich eine Variation an unterschiedlichen Zugängen der FL widerspiegelte, begannen sich die negativen Erfahrungen mit den Vertretern der Freien Linken zu häufen.
Eine klare Problematik war, dass die Vertreter der Freien Linken aus erst drei Genossen und einer Genossin in die Gespräche mit der RCIT einstiegen und eine breite Teilnahme von Frauen in der Freien Linken betonten. Leider war dann aber sowohl die praktische als auch inhaltliche Vorgehensweise der FL-Vertreter alles andere als fortschrittlich in der Frage der Frauenbefreiung. Inhaltlich äußerte es sich in der vehementen Ablehnung der (männlichen) Vertreter der Freien Linken eine aktivere Teilnahme von Frauen an einer geplanten gemeinsamen Konferenz zu fördern und entsprechende Anmeldungen von Genossinnen bevorzugt zu behandeln. Ein weiteres Beispiel war die spöttische Ablehnung der von ihnen als unsinnige „Identity Politics“ bezeichneten Vorschläge der RCIT. Dass es sich dabei um die männlichen Genossen der FL gegenüber mir als Vertreterin der RCIT gehandelt hat (an diesen Punkt hatte sich die FL-Genossin nicht mehr im Komitee zur Konferenzvorbereitung beteiligt), gab dem Ganzen eine zusätzlich bedenkliche Dimension. Die praktische Handhabe des Vertreters der FL, Karel Svoboda (richtiger Name unbekannt), beschränkte sich jedoch nicht auf die Ablehnung unserer Vorschläge.
Wie sich herausstellte, war sich der Genosse leider auch nicht zu schade klassische Macho-Manöver anzuwenden. Dazu gehörte, dass er die einzige Genossin der FL, die sich an der Zusammenarbeit mit uns beteiligte, für ihre Teilnahme an den gemeinsamen Zoom-Treffen zu kritisieren. Karel Svoboda kritisierte die FL-Genossin mit dem Verweis, dass sie sich nicht in dem geformten Telegram-Chat zur Konferenz beteiligt hatte. Dem Herren Svoboda aber kam nicht in den Sinn die männlichen Genossen der RCIT, die ebenfalls wieder am Zoom-Treffen teilnahmen mit derselben Kritik zu begegnen (auch sie waren im Gegensatz zu mir nicht Teil des Telegram-Chats). Nun könnte man das als Zufall abstempeln, hätte sich nicht gerade Genosse Svoboda auch besonders über die Vorschläge meinerseits zur Förderung der Frauenteilnahme erzürnt und diese als „Nebenfragen“ (Zitat), die nicht zum Thema gehören, abgetan. Zu allem Überfluss war sich Karel Svoboda nicht zu schade, mich permanent zu ermahnen keine inhaltlichen Diskussionen in den Telegram Chat zur Vorbereitung der Konferenz einzubringen, selber aber stellte der Genosse kurze Zeit darauf eine längere Kritik am Aufruftext von einem FL-Mitglied in eben diesen Chat (wieder übrigens die Meinung eines Mannes). Last but not least wurden die Ansuchen unsererseits, auch Frauen der Freien Linken in die Konferenzvorbereitung einzubinden, abgeschmettert und nach dem Austritt eines Genossen aus der FL (dem es an diesem Punkt mit Karel Svobodas Verhalten reichte) – wurde stattdessen Genosse Augusto Yankovic in die Vorbereitungen eingebunden. An diesem Punkt waren wir leider schon nicht mehr überrascht, dass es sich wieder um einen männlichen Vertreter der Freien Linken gehandelt hatte.
Dem Fass den Boden ausgeschlagen haben dann aber die Versuche von Karel Svoboda (letztlich verteidigt von den anderen Vertretern der FL), verschiedene rechtsoffene Gruppen als Referenten zur Konferenz einzuladen. Zuerst kontaktierte Svoboda im Alleingang die höchst dubiose „Rote Fahne“ (Grüppchen um Stephan Steins). Diese Gruppe ist durch eine Querfrontpolitik in der Anti-Lockdown-Bewegung sowie rassistische Aussagen bekannt geworden. So verunglimpfte sie vor einem Jahr die Flüchtlinge in Griechenland mit folgenden Worten: „Unter den Migranten, die derzeit an der griechischen Grenze randalieren, befinden sich kaum Syrer. Es handelt sich dabei um die Söldner und Kopfabschneider der NATO, der Türkei und arabischer Oligarchen, die in Syrien militärisch geschlagen und dann durch ihre Herren fallengelassen wurden.“ (https://rotefahne.eu/2020/03/stellungnahme-der-rote-fahne-gruppe-zur-erklaerung-der-kke-der-fluechtlingsfrage/).
Die RCIT protestierte vehement gegen die Einbeziehung solcher Leute in die Konferenz. Das Problem wurde dadurch „gelöst“, dass die Gruppe „Rote Fahne“ von sich aus eine Teilnahme an der Konferenz ablehnte. Doch Karel Svoboda versuchte den Charakter der Konferenz als linkes Treffen weiter zu untergraben und ging noch einen Schritt weiter. So schlug er vor, Ralf Ludwig als Referent für die Konferenz einzuladen. Der als Querdenker-Anwalt bekannte Ralf Ludwig gründete – zusammen mit Bodo Schiffman – im vergangenen Jahr Widerstand2020. Sein Partner Schiffmann suchte in dieser Zeit Kontakt zum berüchtigten Führer der faschistischen Identitären Bewegung, Martin Sellner. Zuerst strebte er mit diesem ein Interview an (welches er dann doch absagte), um sich danach, nach eigenen Angaben, mit Sellner „privat“ über eine Stunde hinweg zum Gespräch zusammenzusetzten. (Quelle hier: http://library.fes.de/pdf-files/dialog/16415.pdf, Ein populistisches Strohfeuer. Zum Aufstieg und Fall der Internetbewegung Widerstand2020 – Eine Kurzanalyse, S.4 und 5). Sellner ist bekanntlich eine international aktive Führungsfigur der Neonazi-Szene, der nach eigenem Bekenntnis Kontakt zu dem Christchurch-Massenmörder hatte. Last but not least, wurde Widerstand2020 in Identitären und darüber hinausreichenden rechten und rechtsextremen Kreisen aktiv beworben. Kurz, jeder Kontakt mit einem solchen Milieu widerspricht den grundlegendsten Prinzipien des Antifaschismus!
Die RCIT sah diesen Vorschlag als höchstes Alarmsignal an, forderte eine klare Distanzierung von Einladungen dieser Art ein und informierte die anderen Aufrufer für die Konferenz – die Genossinnen und Genossen des Blogs Aufruhrgebiet und die Initiativgruppe gegen das Atommülllager in Würgassen (IGkAW). Beide Organisationen waren durch die RCIT für das Projekt einer Konferenz der Anti-Lockdown Linken an Bord geholt worden. Nicht überraschend für uns, stimmten diese Gruppen der von uns geforderten Abgrenzung gegen rechts zu und wir alle verlangten von der FL eine klare und scharfe Distanzierung gegen rechte und rechtsoffene Elemente.
An diesem Punkt (dann leider auch nicht mehr überraschend), weigerte sich das sogenannte Orga-Team der Freien Linken, eben einer solchen öffentlichen Erklärung zur Distanzierung gegen rassistische Elemente in und außerhalb der Linken zuzustimmen und brach die Zusammenarbeit mit der RCIT ab. Wir veröffentlichen im Anhang sowohl die öffentliche Erklärung, die wir zur Abstimmung stellten als auch die offizielle Antwort des Orga-Teams der FL.
Die im Schreiben der Freien Linken erwähnten angeblich „unlauteren“ Methoden der RCIT waren, dass wir Briefe als RCIT an die Freie Linke (FL) verfassten, in denen wir alle bedenklichen Ereignisse und Positionen ansprachen und offen kritisierten. „Unlauter“ waren in den Augen der Genossen wohl auch die Forderung einer offiziellen Distanzierung von rassistischen Kräften wie der Roten Fahne und sogar Ralf Ludwig (!) zuzustimmen. Und nach all den Erfahrungen, die ich praktisch machen durfte wohl auch mein politisch selbstbewusstes Auftreten – für Figuren wie Karel Svoboda ein offensichtlich unbequem lauter, fordernder, weiblicher Migrantin. Eine unliebsame Verkörperung der von ihm (und wie er es behauptete einer Mehrheit der FL abgelehnten) Identity Politics. Nicht überraschend finden sich inzwischen auch zunehmend fragwürdige Artikel unter der Chefredaktion von Karel Svoboda auf der Website der Freien Linken und ihrem neuen Organ, Freier Funke.
Trotz aller Ereignisse hoffen wir, dass es Genossinnen und Genossen in der Freien Linken gibt, die sich offen und klar für einen Bruch zum Schmusekurs mit Kräften, die nach rechts(extrem) offen sind, einsetzen werden. Wir sehen die aktuelle Konstellation der uns bekannten Genossen dabei als nicht vielversprechend an. Dennoch hoffen wir auf eine gesunde Kehrtwende der der Freien Linken hin zu einer konsequent anti-kapitalistischen und damit auch konsequent anti-rassistischen und anti-sexistischen Politik.
Gleichzeitig laden wir all jene Aktivistinnen und Aktivisten dazu ein, sich an der wirklichen linken Konferenz der Anti-Lockdown Linken (ALL), organisiert von der Revolutionär-Kommunistischen Internationale Tendenz (RCIT) zu beteiligen. Wir versichern allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Konferenz, dass es keinen Platz für die Stephan Steins dieser Welt und schon gar nicht die Ralf Ludwigs auf der Bühne dieser wirklich linken Konferenz geben wird.
Die Konferenz findet wie geplant am 27.März 2021 über Zoom statt. Anmeldungen ersuchen wir an folgende Adresse zu schicken: aktiv@rkob.net
Wie unsere Genossinnen und Genossen aus Kenia immer gerne betonen – Es geht stetig voran!
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Anhang
Erklärung zur 1. Konferenz der Anti-Lockdown-Linken (Unterstützung ausschließlich von FL verweigert)
Entwurf, 3.März 2021
Wir, die unterzeichnenden Gruppen, stellen hiermit klar, dass die 1. Konferenz der Anti-Lockdown-Linken am 27. März auf einer eindeutig fortschrittlichen Grundlage stattfinden wird.
Wir versichern allen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, dass bei der Konferenz kein Platz ist für Personen bzw. Organisationen aus dem bürgerlichen oder gar rechts-populistischen Milieu. Es versteht sich von selbst, dass Kräfte, die in der jüngeren Vergangenheit mit rassistischen Aussagen (z.B. Gruppe „Rote Fahne“) oder mit Kontakten zu Nazi-Kadern (z.B. von führenden Vertretern von Ralph Ludwigs „Widerstand2020“ mit Martin Sellner von den faschistischen Identitären) aufgefallen sind, außerhalb des Rahmens einer linken Konferenz stehen.
Wir werden sicherstellen, dass die Konferenz tatsächlich eine der Anti-Lockdown-LINKEN ist ohne trojanische Pferde von rechts!
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Brief des Orga-Teams der FL an die RCIT (5.März 2021):
Die FL hat entschieden, dass eine Zusammenarbeit mit einer Gruppierung, die unlautere Methoden anwendet, und offensichtlich nie an echter Zusammenarbeit interessiert war, nicht möglich ist, da mit unserem Aufruf und unseren Grundsätzen nicht vereinbar. Obwohl dieser ja angeblich der Grund dafür war, mit uns zusammen arbeiten zu wollen.
Wir halten dennoch daran fest, ein breites linkes Bündnis anzustreben. Das geht jedoch nur mit Menschen, die auch bereit und fortschrittlich genug dazu sind. In unseren Augen gehört die RCIT nicht dazu.
Wir wünschen euch alles Gute,
Das Orgateam der FL